Reportage: Ich habe den Sprung ins kalte Wasser gewagt: Julian Berger (19) aus Kempten ist hauptberuflicher Hypnotiseur und Mentalcoach

28. April 2017 10:03 Uhr von Camilla Schulz
Martina Diemand

Beim Wort Hypnose denken viele Menschen an Hokuspokus, an spektakuläre Bühnenshows. Und an Menschen, die wie Hühner gackern. Bei den Shows von Julian Berger bekommt man so etwas nicht zu sehen.

Der 19-jährige Hypnotiseur und Mentalcoach liebt die Bühne und bezeichnet sich selbst als Rampensau. Bei seinen Shows will er vor allem eines: Unterhalten. Allerdings nicht auf Kosten anderer, denn lächerlich machen möchte er in seiner Show niemanden. Das gackernde Huhn sei nur ein gern gesehenes Klischee. Julian nutzt sein Hypnose-Talent aber nicht nur, um auf Geburtstagen und Firmenfeiern zu unterhalten. Er möchte auch Menschen, denen es nicht gut geht und die Probleme haben, helfen.

"Wenn man jemandem seine Lebensqualität zurückgeben kann, gibt das einem natürlich sehr viel." In seinen Hypnosecoachings behandelt der 19-Jährige Menschen, die Probleme mit ihrem Selbstvertrauen oder dem Selbstwert haben. Aber auch Studenten kommen in der heißen Klausurenphase zu ihm, um besser mit dem Lernstress klarzukommen und neue Motivation zu finden. Julian nutzt die Hypnose vor allem, damit der Hypnotisierte seine Ziele erreicht und Probleme in eine positive Richtung lenkt.

Julian hat sich auch schon einige Male selbst in Trance versetzen lassen, denn "um jemanden hypnotisieren zu können, sollte man selbst auch wissen, wie sich das anfühlt", sagt er. Wie fühlt sich Hypnose eigentlich an? Ein spezifisches hypnotisiertes Gefühl gebe es nicht. Man sei einfach extrem entspannt und könne sich gezielt auf Dinge konzentrieren. "Hypnose ist etwas sehr Individuelles. Manche gehen ganz schnell in Trance. Manche eher langsam und vorsichtig." Während einer Hypnose sei man zwar tiefenentspannt, trotzdem bekomme der Hypnotisierte alles um sich herum mit und könne sich danach auch an alles erinnern. Mit Schlaf lässt sich eine Hypnose also nicht vergleichen.

Wie kommt man überhaupt darauf, Hypnotiseur zu werden? Auf die Idee hat ihn Julians Mutter gebracht. "Meine Mum ist an einem Sonntag in mein Zimmer gekommen und hat mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mit ihr zusammen Hypnose-Ausbildung zu machen." Der damals 16-Jährige hat nicht lange überlegt und zusammen mit seiner Mutter die Ausbildung begonnen. Für seinen außergewöhnlichen Beruf hat er später sogar die Schule geschmissen. Julian hatte keine Ahnung, was ihn erwartet. Aber seine Entscheidung habe er "bis heute nicht bereut", sagt er.

Viele halten Hypnose für totalen Blödsinn und sind Julian und seinem Beruf gegenüber eher abgeneigt. Auch, dass er noch so jung ist, sei für viele ein Problem. Dass der 19-Jährige nicht nur positive Resonanz bekommt, scheint ihn jedoch nicht zu stören. Bei seinen Shows nimmt er niemanden auf die Bühne, der nicht aus freien Stücken möchte. "Jemand kann nicht hypnotisiert werden, wenn er selbst keine Lust darauf hat."

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