Wintersaison 2022/2023: Wintersport blickt in eine unsichere Zukunft: Ist Skifahren nur noch ein Sport für Reiche?

6. Dezember 2022 06:45 Uhr von Josef Brutscher
Die neue Wintersport-Saison blickt wegen Problemen wie der Inflation, den Preisen oder der Energiekrise in eine ungewisse Zukunft. (Symbolbild)
Die neue Wintersport-Saison blickt wegen Problemen wie der Inflation, den Preisen oder der Energiekrise in eine ungewisse Zukunft. (Symbolbild)
IMAGO / CHROMORANGE

Die Wintersport-Saison hat gerade begonnen. Auch einige Allgäuer Skigebiete sind bereits in die Saison gestartet. Doch obwohl die Wintersportbranche in diesem Jahr vermutlich nicht mehr mit Corona-Einschränkungen zu kämpfen hat, macht ihr in dieser Saison die Inflation das Leben schwer. Dabei stehen die Fragen im Raum: Wird das Bedürfnis nach Spaß im Schnee so groß sein, dass die Kunden die hohen Preissteigerungen in Kauf nehmen? Oder wird Skifahren eine Luxusangelegenheit, die nur noch reichen Menschen vorbehalten ist? Die Aussichten für die neue Wintersaison sind bei vielen Kunden, ebenso wie bei den Skigebieten, Hotels und Sportgeschäften ungewiss.

Erste Anzeichen: Normalverdiener können sich Wintersport kaum noch leisten

Dass die Preise für Tageskarten und Saisonkarten in den Skigebieten steigen, ist mittlerweile klar. In den deutschen Skigebieten, aber auch in Österreich und der Schweiz steigen die Kosten für Skipässe um durchschnittlich etwa 10 Prozent. Bei manchen mehr, bei anderen weniger.

Erste Anzeichen deuten darauf hin, dass Normalverdiener sich das Schnee-Vergnügen schon in dieser Saison - im Gegensatz zu Besserverdienern - kaum noch leisten können. Das lassen die gestiegenen Preise und die Rückmeldungen über die Buchungslage in den Hotels laut der dpa vermuten. Dazu kommt, dass viele Menschen wegen der hohen Inflation bei ihren Ausgaben sparen und auf Skiausflüge oder Ähnliches verzichten.

Skigebiete mussten die Preise erhöhen

Den Skigebieten blieb allerdings nicht wirklich etwas anderes übrig, als die Preise zu erhöhen. Hohe Energiekosten, Personalmangel, Umsatzeinbußen durch die Pandemie und die Inflation allgemein sind dafür verantwortlich. Die Seilbahn- und Skigebietsbetreiber - in Österreich ebenso wie in Bayern - versuchen dennoch wo es geht Kosten zu sparen. So können die Skigebiete an Tagen mit wenig Andrang weniger Lifte fahren lassen, das Tempo der Bahnen reduzieren oder Nachtskilauf und Rodeln bei Flutlicht streichen.

Ski-Saison: Heftige Kritik an Schneekanonen und Kunstschnee im Allgäu und Bayern
Eine weitere Option ist eine reduzierte Beschneiung. Ein grundsätzlicher Verzicht auf Schneekanonen, wie es beispielsweise der BUND Naturschutz fordert, kommt jedoch für die Skigebiete - auch wenn so Energie und somit Kosten gespart werden könnten - nicht in Frage. Zu diesem Thema hat sich bereits Jörn Homburg, Marketingchef bei den Oberstdorf-Kleinwalsertal-Bergbahnen, im Podcast mit all-in.de ausgesprochen.Und auch Franz Hörl, Österreichs oberster Seilbahn-Vertreter, sagt: "Wenn wir keine Pisten haben, können wir den Tourismus zusperren."

Situation schaut in gutbetuchten Unterkünften und Gebieten am besten aus

Auch die Hotels in der Nähe der Alpen und den Skigebieten sind natürlich zu einem großen Teil auf den Ski- und Wintertourismus angewiesen. Auch hier schlagen der dpa zufolge die hohe Inflation und der damit verbundene Einbruch der Konsumstimmung zu Buche. Vorausbuchungen in den Winterurlaubsorten seien hier ein Frühindikator dafür, wie die Saison laufen könnte. Die Rückmeldungen der bayerischen Hoteliers seien bisher jedoch unterschiedlich, berichtet Thomas Geppert, der Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga in Bayern. "Insgesamt rechnet man schon mit Einbußen von zwanzig bis fünfundzwanzig Prozent." Ein von Pandemie und Inflation unabhängiger Trend war schon vor Corona zu beobachten: Viele Gäste buchen sehr kurzfristig. Für Weihnachten und Silvester sehe es zwar sehr gut aus, sagt Geppert, allerdings gebe es für die Zeit von Januar bis März kaum Buchungen ein- bis zweiwöchiger Skiurlaube. "Punktuell schaut es ganz gut aus, insbesondere in der Fünf-Sterne-Hotellerie", meint Geppert. Der mutmaßliche Grund hierfür: In teureren Unterkünften logieren eher Gutverdiener, die sich auch bei hoher Inflation nicht groß einschränken müssen. Das bestätigt auch eine Rückmeldung aus St. Moritz. Der weltberühmte Schweizer Wintersportort und seine Engadiner Nachbargemeinden sind seit jeher Ziele der Wohlhabenden, die Saison beginnt dort an diesem Samstag. "Aus Sicht der Hoteliers und Leistungsträger ist der aktuelle Buchungsstand gut bis sehr gut", erklärt Jan Steiner von der Geschäftsführung der Engadin St. Moritz Tourismus AG. Auch Homburg kann sich dem für die Hotels in der Nähe der OK-Bergbahnen anschließen: die Buchungszahl in den Hotels schaue relativ gut aus.

Ukraine-Krieg und Inflation setzen Sportgeschäften zu

In den Sportgeschäften macht sich die Inflation ebenfalls bemerkbar. "Wir haben ein ziemlich diffuses Bild, die Wintersaison lässt sich sehr schwer vorhersehen", sagt Stefan Herzog, der Präsident des Verbands deutscher Sportfachhandel (VDS). Eigentlich war die Situation im Einzelhandel gar nicht so schlecht. In der Corona-Pandemie zählte die Outdoor-Branche zu den Krisengewinnern. Lockdowns und sonstige Beschränkungen hatten einen Verkaufsboom zur Folge. "Wenn man sich die vergangenen zwei Jahre insgesamt ansieht, hat der Sport fast zehn Prozent zugelegt", sagt Herzog. Doch nun ziehen Ukraine-Krieg und Inflation das Geschäft in Mitleidenschaft. Laut Münchner Ifo-Institut ist die Stimmung im Sporteinzelhandel derzeit deshalb wieder recht schlecht. In einer aktuellen Umfrage lag der Saldo der Geschäftserwartungen bei minus 77,9. Das bedeutet, dass der prozentuale Anteil der Pessimisten um 77,9 Prozentpunkte über dem der Optimisten lag - also massiv überwog. Innerhalb des Einzelhandels ist das laut Ifo-Experte Klaus Wohlrabe einer der schlechtesten Werte.

Schlechte Vorzeichen für Wintersport, aber noch keine Gewissheit

Zusammengefasst kann also gesagt werden, dass sich durch teurere Preise bei den Skipässen, Gewinn-Einbußen in Hotels und Gaststätten - abgesehen von teuren Gebieten und Unterkünften - und dem eher einbrechenden Umsatz in Sportgeschäften keine so gute Wintersaison anbahnt. Weder für Skifahrer und Wintersport-Touristen, noch für die Wintersportbranche. Dennoch muss abgewartet werden. Denn im Winter hat ohnehin ein gänzlich unwägbarer Faktor einen großen Einfluss: das Wetter. "Wintersportarten funktionieren auch nur, wenn Lifte laufen, das Wetter passt, insofern ist die Saison sehr schwer vorherzusehen", sagt Herzog.

VG WORT Zahlpixel